Experteninterview Teil 1:

Modernes E-Mail-Marketing:

Der stille Strategie-Champion

von Carolina Engl  – 8 Min Lesedauer
zuletzt aktualisiert 13.12.2021

Der Newsletter ist tot – lang lebe der Newsletter. Kaum ein anderes Werbemittel wurde in den vergangenen Jahren so häufig für überholt erklärt wie die klassische Werbemail. Trotzdem ist E-Mail-Marketing bis heute fester Bestandteil zahlreicher erfolgreicher Onlinemarketingstrategien. Wie das zusammenpasst, weiß Jakob Gerzen. Er der Gründer von More Conversions, einer Agentur, die sich auf Bestandskundenmarketing spezialisiert hat – einen Bereich des Onlinemarketings, in dem Newsletter nach wie vor zum festen Programm zählen.

„Ich persönlich finde es extrem spannend, dass ausgerechnet die Reichweite einer gut gemachten E-Mail so oft unterschätzt wird“, erzählt er. „Oft heißt es: Das bringt doch nichts – so ein Newsletter landet doch eh ungelesen im Papierkorb. Aber wenn wir mal darüber nachdenken, welches Onlinemarketing-Medium uns im Alltag am häufigsten in Versuchung führt, sieht es in der Praxis ganz anders aus: Dann hat klassisches E-Mail-Marketing doch einen enormen Einfluss auf unser Kaufverhalten.“

Wir haben uns mit Jakob Gerzen darüber unterhalten, welche Rolle E-Mail-Marketing in einem zeitgemäßen Marketing-Mix spielen kann. Lest hier, welche Vorteile ein Newsletter gegenüber anderen Kommunikationskanälen hat und warum sich E-Mail-Marketing besonders gut für die Kundenbindung eignet.

Jakob Gerzen, Gründer von More Conversions

E-Mail-Marketing: Nach wie vor von Vorteil

Von der Suchmaschinenwerbung über Anzeigenwerbung in den sozialen Netzwerken bis hin zu Kooperationen mit Influencer:innen haben Onlinehändler:innen heutzutage so viele Möglichkeiten, um auf ihre Marke aufmerksam zu machen: Warum brauchen wir da überhaupt noch E-Mail-Marketing?

Jakob Gerzen: E-Mail-Marketing ist seit jeher ein stiller Champion – es ist für die breite Masse nicht sichtbar, weil es sich auf vielen separaten Kommunikationskanälen zwischen dem Unternehmen und dessen Kund:innen abspielt. Das macht es einerseits fast unsichtbar, andererseits aber auch so wirkungsvoll. Im Gegensatz zu Suchmaschinenwerbung oder Social-Media-Marketing hat das klassische E-Mail-Marketing nämlich einen großen Vorteil: Ein Newsletter muss uns nicht auf einer bestimmten Website abpassen, sondern kommt direkt auf unsere Endgeräte – ganz gleich, was wir gerade machen, die Werbung erreicht uns. Allein das erhöht die Chance, dass potenzielle Kund:innen auf Sales und neue Produkte aufmerksam werden, bereits enorm.

Der vielleicht wichtigste Grund dafür, dass die Werbemail nach wie vor ein so wichtiges Werkzeug für das Onlinemarketing darstellt, ist aber ein anderer: Eine clevere E-Mail-Marketing-Strategie sorgt dafür, dass wir uns von diesen Nachrichten einen so großen Vorteil versprechen, dass wir als Kund:innen den Kontakt aufbauen. Jede:r von uns hat doch schon einmal einen Newsletter abonniert, weil es dafür einen exklusiven Rabattcode gab, oder? Und obwohl es allein schon aus rechtlichen Gründen immer einen Button für das unkomplizierte Abbestellen dieser Abonnements geben muss, lassen wir das E-Mail-Marketing unserer Lieblingsshops oft erst einmal weiterlaufen.

So profitieren wir schließlich von exklusiven Rabatten und sehen neue, begehrte Produkte als Erste – und wenn uns die News gerade nicht interessieren, ist die Werbemail ja auch mit einem Klick im Papierkorb. Aber das Abo, das läuft trotzdem weiter. Genau das ist der Knackpunkt im E-Mail-Marketing: Es ermöglicht einen direkten Draht zu den Kund:innen.

Bevor es einen Newsletter verschicken kann, braucht ein Unternehmen allerdings erst einmal die E-Mail-Adressen der Interessent:innen. Aus diesem Grund ist E-Mail-Marketing nicht so oft Teil der Neukundenakquise – im Vordergrund steht stattdessen die Pflege der bestehenden Kundenbeziehungen.

Jakob Gerzen: Und das ist auch richtig und wichtig so. Wer viele Neukund:innen akquiriert, kann den Umsatz seines Onlineshops steigern – aber wenn es sich dabei nur um Einmalkäufe handelt, bleibt es bei einem vorübergehenden Spike. Nachhaltiges Wachstum setzt voraus, dass sich ein gewisser Teil der Neukund:innen zu loyalen Stammkund:innen entwickelt. Damit das funktioniert, muss der Onlineshop in den Köpfen und vor allem im Alltag der Käufer:innen präsent bleiben. Hier setzt das ein, was wir als Bestandskundenwerbung bezeichnen – und in genau diesem Bereich zählt das E-Mail-Marketing zu den stärksten Tools.

Adressieren wir einen Newsletter an Bestandskund:innen, wissen wir genau, wer ihn bekommt. Das macht nicht nur die reine Logistik der Vermittlung von Content an die richtige Zielgruppe leichter: Es hilft uns auch bei der Auswahl der überzeugendsten Inhalte. Anhand der Daten aus ihren Shops können Onlinehändler:innen ganz einfach bestimmen, wer sich für welche Produkte begeistert, und dann per Newsletter die zum jeweiligen Profil passenden Produkte und Deals bewerben.

Wichtig ist dabei allerdings, sich vor Augen zu führen, dass es auch im E-Mail-Marketing keine Passepartout-Strategien gibt: Das Angebot, das die einen Kund:innen überzeugt, lässt andere kalt – die interessieren sich aber vielleicht für das neue Produkt, das einen Artikel ergänzt, den sie schon besitzen. Um diesen unterschiedlichen Interessenprofilen gerecht zu werden, arbeitet zeitgemäßes E-Mail-Marketing mit Segmentierung. Das bedeutet, dass wir nicht ein- und dieselbe E-Mail an alle Kund:innen schicken, sondern die Inhalte an das Kaufverhalten der User:innen anpassen.

Mit E-Mail-Marketing Kundenbindung und Conversions steigern

 

Erfolgreiches E-Mail-Marketing verwendet Inhalte, die zu den Mail-Empfänger:innen passen

Im Erfolgsfall werden aus zufriedenen Erstkund:innen schnell Bestandskund:innen – und die Conversion Rate steigt. Richtig?

Jakob Gerzen: Genau das ist das Ziel: mehr Klicks, mehr Conversions – mehr Umsatz. Und die Zahlen sind auch ziemlich beeindruckend. Ein guter Newsletter kann die Conversion Rate eines Onlineshops um mindestens 10 Prozentpunkte steigern. Wenn also beispielsweise die Conversion Rate des Shops bei etwa vier Prozent liegt, können E-Mail-Kampagnen oft für eine Steigerung der Conversion Rate auf 15 Prozent sorgen. Manchmal sind sogar über 20 Prozent Zuwachs drin. Das liegt aber nicht daran, dass E-Mail-Marketing so viel bessere Überzeugungsarbeit leistet als andere Onlinemarketing-Tools: Wenn wir einen Newsletter einsetzen, um Bestandskund:innen zu erreichen, stehen unsere Chancen von Anfang an höher, als wenn wir denselben Content einer noch bunt gemischten Gruppe potenzieller Interessent:innen ausspielen.

Unsere primäre Zielgruppe sind User:innen, die sich ohnehin schon für genau diese Produkte interessieren und auch die Qualität der Marke bereits ausprobiert haben. Wenn diese Kund:innen jetzt einen Newsletter erhalten, können wir voraussetzen, dass sie sich zumindest ein bisschen für die Themen interessieren. Klicken sich diese Interessent:innen dank unserer E-Mail-Marketing-Strategie in den Onlineshop durch, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie am Ende etwas einkaufen, natürlich viel höher, als wenn potenzielle Neukund:innen über eine Anzeige in ihrem Social-Media-Newsfeed zum ersten Mal in einen Onlineshop kommen.

Angenommen, ein Unternehmen möchte einen neuen Newsletter aufbauen: Mit welchem Aufwand und welchen Kosten müssen Onlinehändler:innen rechnen, wenn sie dieses Projekt professionell umsetzen wollen?

Jakob Gerzen: Vergleichen wir die mögliche Reichweite mit den damit verbundenen Kosten, zählt E-Mail-Marketing zu den günstigsten und gleichzeitig stärksten Mitteln, um im Onlinehandel Kundenbindung zu betreiben. Zumal der Preis für alle Formen von Onlinemarketing, die fremde Websites als Plattform nutzen, seit Jahren konstant steigt: Social-Media-Marketing oder Kooperationen mit Influencer:innen sind zwar attraktiv, werden aber eben auch immer teurer – und obendrein muss das Tracking der Daten, die nun einmal die Grundlage einer zielsicheren Strategie im Social-Media-Marketing bilden, auch professionell durchgeführt werden.

Wenn man sich im Vergleich dazu die Kosten und auch den Produktionsaufwand für einen Newsletter anschaut, ist klar, warum die E-Mail bei weitem nicht so überholt ist, wie es immer heißt. Automatisiert ein Unternehmen seinen Newsletter dann noch, lässt sich E-Mail-Marketing außerdem fast ohne Mehrkosten skalieren: Ob wir den Newsletter ein hundert oder hunderttausend Kund:innen verschicken, macht da kaum einen Unterschied – und in jedem Fall reicht ein Klick und schon findet der Content seinen Weg zu den Kund:innen.

Titelbild von Brett Jordan. Weitere Bilder von More Conversions und Chad Madden.

 

Carolina Engl
Content Marketing Manager

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